Maibaumklau 1997 Maibaum - Schafkopf - Kegeln


Zeitungsberichte aus dem "
Neumarkter Tagblatt" und den "Neumarkter Nachrichten"


Neumarkter Tagblatt, 29. April 1997

Zu viert gelang Pöllinger "Dieben" der Maibaum-Coup
15 Meter langer "Stolz" von Schreiner Michael Kapfer galt nur bis Sonntag nacht als "unklaubar" / Wohltat als Auslöse

Von Lothar Röhrl
NEUMARKT. Gestern ging um 15.15 Uhr eine "Kriminalgeschichte" zu Ende, in dessen Verlauf vier Diebe, eine Kripo mit Blaulicht auf dem Autodach und Ablöseverhandlung via Rundfunk einzelne Kapitel waren. Ein origineller Maibaum-Klau, der ohne Sachschaden - keine Selbstverständlichkeit bei diesem Brauch - ging mit einem nicht gerade typischen Ergebnis zu Ende. Statt Fässer von Bier und einer üppigen Brotzeit einigten sich vor der Auslöse "Täter" und "Opfer" darauf, 200 Mark für den Pöllinger Kindergarten zu spenden.
Diesen Betrag muß das Hauptopfer Michael Kapfer löhnen. Kein Problem für den Pöllinger Schreiner, denn seine Gattin Wally ist die Vorsitzende des Elternbeirats des Kindergarten. Kapfer und die "Täter" kennen sich gut und aus dieser Bekanntschaft gründet sich auch, warum Hans Ehrnsperger und Helmut Krauser auf die Idee kamen. Hatten beide doch aufgeschnappt, daß Michael Kapfer den 1992 angeschafften und zu jedem Maifeiertag in seinem Grundstück aufgestellten Baum als "unklaubar" ansah. Zusammen mit einer "Komplizin" und verstärkt von Dr. Albert Schreiber und Edi Taucher gingen Ehrnsperger und Krauser am Sonntag um 1.00 Uhr ans Werk.


Neumarkter Tagblatt, 29. April 1997
Die Täter (plus Kinder des Kindergartens Pölling) links vom Baum; die Opfer rechts - so sah es gestern bei der Übergabe aus.

Neumarkter Tagblatt, 29. April 1997
Zu viert gelang es Hans Ehrnsperger (vorne), Dr. Albert Schreiber, Helmut Krauser und Edi Taucher der Coup. Fotos: Röhrl

Unbequemer "Beutezug"

Die vier Herren hatten Iediglich einen Leiterwagen als Untersatz dabei, um den weiß-blau gestrichenen Baum zu entführen. Einer zog den Wagen, die anderen trugen die unangenehm federnde, gut vier Zentner schwere Last. Entlang der Bahnlinie ging es Richtung Woffenbach, dann wurde die Bahnlinie mit Hilfe einer Brücke überquert und schließlich war eine Halle in Höhe der Firma Schneider glücklich erreicht. Soweit Teil eins; Teil zwei trug sich am Sonntag abend zu, als es bei Krausers gegen halb zehn abends klingelte. An der Tür standen zwei Herren in Anzug, hinter ihnen parkte ein Wagen mit aufgesetztem Blaulicht. Daß mit den Herren "Kriminalbeamten", die mit Helmut Krauser ein ernstes Wort wegen eines "Einbruches" wechseln wollte, etwas nicht stimmte, merkten die Krausers, als das Blaulicht begann, begleitet von Kichern aus dem Wageninneren, vom Autodach zu rutschen. Teil drei war ein Rundfunk-Interview, über das die Ablöseverhandlungen geführt wurden und Teil vier war die bis auf einen Zwischenfall - es gibt immer einen, der keinen Spaß versteht - mit viel Gaudi begleitete Übergabe in Woffenbach. Teil fünf wird über die Bühne gehen, wenn das Wetter warm genug ist. Voraussichtlich im August gedenken bei einer kleinen Feier die Kapfers, Ehrnspergers und Krausers der turbulenten drei Tage Ende April. Auf die Idee mit der Spende für den Kindergarten kamen die "Täter", weil die in dem Freundeskreis zusammengeschlossenen Familien viele Kinder haben. "Wir wollten mal zeigen, daß man bei so einem Brauch auch etwas für Kinder tun kann," so Wally Kapfer auch im Namen der anderen Eltern.


Neumarkter Nachrichten, 29. April 1997

Brennpunkte...Brennpunkte...

Die Schreinereck-Maibaum-Crew aus Pölling hat eines der bekanntesten Traditionsstangerl der Oberpfalz: Bayernweit haben Hörer von Bayern 3 Diebstahl, Verhandlungen und Übergabe verfolgt. Im Vergleich mit so vielen waren die Pöllinger Maibaum-Diebe, an der Spitze Helmut Krauser, Vorbild: Ehe sie eine deftige Brotzeit einforderten, wollten sie für den Pöllinger Kindergarten eine Spende. Sie haben sie bekommen, in Form eines 200-Mark-Wertgutscheins für Spielzeug aus dem Schreinereck, dem Holzspielzeugladen in Pölling. Abgelehnt wurde eine Gedenktafel am Maibaum. "Wir sind doch kein Kriegerverein und denken tun wir so auch an euch", konterte Maibaum-Crew-Kopf Michael Kapfer.

Wie das gute Stück aus der Werkstatt verschwand, ist noch ein Rätsel. "Krauser ist Computerspezialist - er hat den Baum eingescannt und per Datenleitung davongeschafft", spekuliert er augenzwinkernd. Schließlich sind Krauser und Kapfer, wenn sie sich nicht als Verhandlungsführer gegenüberstehen, gute Bekannte. Große Augen hat die Kapfer-Mutter trotzdem gemacht, als sie von BR-Moderatorin Christine Gubelt angerufen wurde und diese verlangte, sie solle mal nach dem Maibaum schauen: "Mei, der is etz fei weg", erklärte sie baß erstaunt tausenden Hörern.

Inzwischen ist das gute Stück wieder zurück. Aufgestellt wird es am Mittwoch in der Glückstraße. Dann haben alle Maibaum-Klauer des Kreises ihre letzte Chance, das gute Stück noch einmal verschwinden zu lassen. -wof-